Digitalisierung im restrukturierten Werkstattbereich
Im Fachgebiet Textiles Gestalten an der Universität Osnabrück erfolgt nach umfangreicher Restrukturierung des Werkstattbereichs die verstärkte Einbeziehung digitaler Technologie in Forschung und Lehre. Die Geräteausstattung wird im Spannungsbogen zwischen analoger und digitaler Technologie neu zusammengestellt, gewichtet und zukunftsweisend orientiert. Dazu gehört die Inbetriebnahme eines digitalen Jacquardwebstuhls, kurz TC2 durch Lucia Schwalenberg. Im Grundkonzept bildet und erweitert sich dadurch ein textiles Forschungslaboratorium für Studierende und Lehrende mit zukunftsfähiger Ausstattung. Es entsteht eine schlüssige Verbindung von historisch gewachsenem technischem Gerätebestand eines Lochkartenjacquards mit Kartenschlagmaschine als analogem Prototyp der Digitalisierung bis zur neuesten Enwicklung digitaler Webtechnologie. Der Sprung ins 21. Jahrhundert im textilen Bereich.
Die neue Geräteausstattung im Werkstattbereich des Textilen Gestaltens bietet Kooperations- und Fördermöglichkeiten im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) zur Stärkung technischer Kompetenzen in einem Fach mit hohem weiblichen Anteil und gleichzeitig das Ziel auch männliche Studierende anzusprechen. Die analoge und digitale Werkstattausstattung ermöglicht neue Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschungsprojekte im fächerübergreifenden Kontext der Universität Osnabrück und über die Hochschule hinaus.
Durch den Einsatz digitaler Technologie verändern sich die Möglichkeiten der Arbeit im textilen Bereich elementar. Arbeitsschritte, die in archaischen und industriellen Techniken arbeits-, zeit- und kostenintensiv sind, werden mit digitalen Techniken einsatzfähig und bezahlbar. Nach Industrialisierung und Globalisierung erfolgt die Digitalisierung.
Das gilt im textilen Bereich beispielhaft für den komplexen Bereich der Jacquardweberei. Am Jacquardwebstuhl ist es möglich, sämtliche Fäden einzeln anzusteuern und nicht wie beim Schaftwebstuhl in vorgegebenen Fadengruppen. Hierdurch werden komplexe Musterungen, Gewebe und bildhafte Darstellungen möglich. Beim historischen Jacquardwebstuhl erfolgt das als analoges Urmodell der Digitalisierung mit Lochkartenläufen nach den Vorläufern der Zug-, Zamperl- oder Damastwebstühle. Die im 19. Jahrhundert bahnbrechend entwickelten Lochkartenjacquards sind industriell in mehreren Innovationsschüben ersetzt worden durch computergesteuerte Maschinen.
Der digitale Hand-Jacquardwebstuhl TC2 ist eine innovative Entwicklung aus Norwegen. TC2 steht für Thread-Controller 2 als Nachfolgemodell des Prototypen TC1. Mit diesem Webstuhl ist es möglich einen in der Industrie raumgreifenden, digitalen Jacquardwebstuhl in handhabbarem Format in Forschung und Lehre einzusetzen. Die Entwicklung geht zurück auf die ehemalige norwegische Hochschulprofessorin Vibeke Vestby. Mit norwegischen Forschungsfördermitteln begann sie aus der Hochschule Oslo heraus mit der Entwicklung eines digitalen Hand-Jacquards. Nach der Praxiserprobung des Vorläufermodells TC1 brachte sie unter dem Dach von Digital Weaving Norway ein überarbeitetes und optimiertes Modell in Form des TC2 heraus.
Die Universität Osnabrück ist mit dieser digitalen Ausstattung deutschlandweit herausragend in der Ausstattung des Werkstattbereiches für die Studierenden der Textilpädagogik.